9Jan Ole Gerster 1978 in Hagen geboren studierte nach einem Praktikum bei der Produktionsfirma X Filme an der Deutschen Film und Fernsehakademie Berlin Regie und Drehbuch Sein Abschlussfilm die Tragikomödie Oh Boy feierte 2012 auf dem Filmfest München Premiere und gewann im Jahr darauf sechs Deutsche Filmpreise darunter die Trophäen für den besten Film und die beste Regie Produziert wurde die in Schwarz Weiß gedrehte Tragikomödie von Schiwago Film mit denen Gerster auch seinen aktuellen Film Lara nach einem Drehbuch von Blaz Kutin realisiert hat Im Zentrum steht die pensionierte Beamtin Lara Jenkins Corinna Harfouch an deren 60 Geburtstag ihr Sohn Viktor Tom Schilling das wichtigste Klavierkonzert seiner Karriere gibt Doch eine Einladung hat sie von ihm nicht erhalten weil sie ihn zeit seines Lebens mit krankhaftem Ehrgeiz angetrieben hat noch besser zu werden Er sollte das erreichen was ihr nie vergönnt war Erfolg am Klavier Während Lara um einen gelungenen Tag ringt schlägt ihr fast überall Kälte und Abneigung entgegen Der von RBB BR Arte und Studiocanal koproduzierte und von MDM Medienboard BKM FFA und DFFF geförderte Film wurde 2017 unter anderem in Weimar und Leipzig gedreht Seine Weltpremiere erlebte er Ende Juni im Rahmen des Karlovy Vary International Film Festival Am 7 November läuft Lara im Verleih von Studiocanal im Kino an gesehen habe Ich kannte sie damals wie die meisten Men schen nur aus Film und Fernsehen Aber sie ist ja auch eine große Bühnenschauspielerin Ich dachte Das ist ja Wahnsinn was die Frau da spielt Also bin ich aus dem Theater raus mit dem dringenden Wunsch irgendwann mal mit ihr zu arbei ten Als ich das Drehbuch zu Lara gelesen habe kam sie mir schon auf den ersten ein zwei Seiten in den Sinn Corinna wusste zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nichts von ihrem Glück lacht Ich habe ihr dann das Buch geschickt ohne sie unter Druck setzen zu wollen aber mir selber war fast klar dass ich die Entscheidung ob ich den Stoff verfilme oder nicht von ihrer Zusage abhängig mache Ich hätte nicht ge wusst mit wem ich das sonst drehen soll Als Corinna Ja sag te war ich heilfroh Interessanterweise war das Stück in dem ich sie am Theater gesehen hatte Die Möwe von Tschechow in der grandiosen Inszenierung von Jürgen Gosch Da hat sie auch eine sehr manipulative Mutter gespielt die sich an ihrem Sohn abarbeitet Das Innenleben von Lara Jenkins haben Sie auch kon sequent auf der Kameraebene umgesetzt Es gibt keine Schwenks oder Fahrten nur statische Einstellungen die Laras innere Erstarrung widerspiegeln Genau das war der Gedanke Zusammen mit meinem Kame ramann Frank Griebe habe ich im Vorfeld überlegt was das visuelle Konzept des Films sein könnte Für mich war dann relativ schnell klar dass ich die Kamera am liebsten gar nicht bewegen und in statischen nahezu hermetischen Einstellun gen die innere Welt dieser Figur sichtbar machen möchte Für viele war das am Set zunächst ungewohnt Auch Corinna war überrascht dass sich die Kamera nie bewegt lacht Wenn man sich so ein Konzept überlegt und sich damit selbst Gren zen auferlegt macht es viel Spaß innerhalb dieser Grenzen Lösungen zu finden Es hat für den Film sehr gut funktioniert Hat es sich für Sie anders angefühlt einen fremden Stoff zu inszenieren nachdem Oh Boy auf ihrem eigenen Drehbuch basierte Ja da gab es schon Unterschiede Bei Oh Boy habe ich den Film quasi von innen nach außen gedreht Er kam aus mir heraus ich kannte die Figuren vieles war sehr autobiogra phisch Bei Lara hingegen war es so dass ich von außen ver sucht habe zum Kern im Inneren vorzudringen zur Essenz dieser Figur und dieser Geschichte Dieses Erkunden ist aber gleichermaßen ein freudvoller Prozess zumal ich es als Privi leg empfinde mich in andere Welten und Figuren hineinden ken zu dürfen Hier und da kommt man dann auch an Stellen die man gerne ändern würde In solchen Momenten habe ich mit Blaz Kutin Rücksprache gehalten Man ist da aus Respekt natürlich sehr vorsichtig aber ab einem bestimmten Punkt muss man den Stoff zu seiner eigenen Kreation machen Haben Sie nach dem Erfolg von Oh Boy Druck ver spürt Haben Sie sich deshalb viel Zeit für den zweiten Film gelassen Ich nehme mir die Freiheit meine Projekte sehr genau aus zuwählen weil mir ein persönlicher Bezug zu einem Stoff enorm wichtig ist Für meinen Geschmack hat es aber auch etwas zu lange gedauert bis ich meinen zweiten Film fertig hatte Was den Druck angeht Bei einem Debütfilm ist es natürlich angenehm dass einen niemand kennt Wenn man dann Aufmerksamkeit bekommt und die Leute wissen wol len wie es mit einem weitergeht ist das schon ein Fakt den man erst mal ausblenden muss Man will ja schließlich zeigen dass der erste Film nicht nur ein Glückstreffer war lacht Es gibt durchaus Parallelen zwischen Lara und Oh Boy Beide Filme spielen an nur einem Tag in Berlin und begleiten dabei eine Person die durch die Begeg nung mit anderen Figuren charakterisiert wird Und na türlich spielt in beiden Filmen Tom Schilling mit Haben Sie mal daran gedacht einen Film zu drehen der in jeglicher Hinsicht möglichst weit von Oh Boy entfernt ist damit erst gar keine Vergleiche aufkommen Ich habe darüber nachgedacht ob mich diese Parallelen und die Vergleiche die man deshalb anstellen kann stören Allerdings bin ich zu dem Ergebnis gekommen dass dem nicht so ist weil da auch viel Zufall dabei ist Ich schreibe aktuell an zwei Pro jekten Eins spielt über einen Zeitraum von drei Wochen und hat drei Hauptfiguren das andere über einen Zeitraum von zwölf Jahren Allerdings würde da Tom Schilling wieder mit spielen Ich drehe einfach wahnsinnig gern mit ihm Oh Boy war ein Schwarz Weiß Film Lara haben Sie in Farbe gedreht Hätte er auch in Schwarz Weiß funktionieren können Schwer zu sagen Vielleicht hätten das manche Leute als billige Analogie zu den Tasten eines Klaviers wahrgenommen Da durch dass der Film im Herbst spielt und das farblich eine sehr dankbare Jahreszeit ist habe ich eigentlich nie über Schwarz Weiß nachgedacht Es fühlte sich in Farbe einfach richtig an

Vorschau MDM Trailer 03/2019 Seite 9
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