mdm - Mitteldeutsche Medienförderung

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Filmfreundliches Mitteldeutschland

Leipzig, 15. September 2015

Auf den Spuren der Drehorte – Filmtourismus in Mitteldeutschland

© Andrea David / filmtourismus.de

In Görlitz gehören Dreharbeiten längst zum Alltag. Die Stadt im Südosten Sachsens, die eine der architektonisch bedeutendsten Altstädte Deutschlands ihr Eigen nennt, lockte schon zahlreiche Großproduktionen mit Hollywood-Beteiligung an – darunter „Der Vorleser“, „Inglourious Basterds“ oder „Grand Budapest Hotel“. Seit mehreren Jahren schmückt sie sich deshalb mit dem Beinamen „Görliwood“. „Görlitz verbindet man inzwischen direkt mit Filmen. Das haben wir zuletzt sehr stark nach der Oscar-Verleihung im Februar gemerkt, wo ‚Grand Budapest Hotel‘ vier Oscars gewonnen hat. In der Berichterstattung fiel ständig der Name der Stadt, was wir noch zusätzlich angeschoben haben, beispielsweise durch einen extra gedrehten Imagefilm, der über die Medien verbreitet wurde“, sagt Livia Kaiser, Projektmanagerin Presse/Öffentlichkeitsarbeit bei der Europastadt Görlitz GmbH. Eine mit der Sächsischen Zeitung realisierte Kollektion an „Görliwood“-T-Shirts und -Stoffbeuteln ist „der Renner“, so Kaiser weiter. „Gerade haben wir sie um Kinder-Shirts erweitert.“ Auch die Imagebroschüre der Stadt und ein Flyer mit Stadtplan, auf dem die Drehorte der wichtigsten Filme verzeichnet sind, erfreuen sich bei Touristen großer Beliebtheit. Wer zusätzlich Anekdoten und Hintergrundinformationen erfahren möchte, kann selbstverständlich eine Führung buchen. Neben der sehenswerten Altstadt ist auch die traditionsreiche Landskron-Brauerei ein beliebtes Ziel. Weil dort unter anderem Sequenzen des Kinoabenteuers „In 80 Tagen um die Welt“ entstanden, wurde eine kleine Straße auf dem Brauerei-Gelände in Jackie-Chan-Gasse umbenannt. Seit 2007 seien die Übernachtungen in Görlitz um 44 Prozent gestiegen, erzählt Kaiser. „Natürlich ist schwer zu sagen, wie viel davon auf Dreharbeiten zurückzuführen ist. Aber generell hat Filmtourismus stark an Bedeutung gewonnen. Als ‚Grand Budapest Hotel‘ Anfang 2013 hier gedreht wurde, stieg die Zahl der Übernachtungen trotz des harten Winters schlagartig an – auch deshalb, weil bekannt ist, dass sich viele Stars ganz ungezwungen in Görlitz bewegen.“ Die Möglichkeiten filmtouristischer Angebote sieht Kaiser noch nicht ausgeschöpft. „Ein „Görliwood“-Café oder -Restaurant wäre denkbar. Auch ein Filmmuseum könnte eine tolle Sache sein. Da die Produktionen ihre Requisiten und Kostüme nach dem Dreh wieder mitnehmen, müssten wir sie aber sehr teuer einkaufen. Als etwas kleinerer Schritt käme auch eine Ausstellung in Frage.“


Im sachsen-anhaltinischen Querfurt gibt es die bereits: Noch bis zum 1. November vereint dort eine Ausstellung unter der Überschrift „FilmBurg Querfurt: Ganz großes Kino!“ Requisiten und Kostüme aus Filmen wie „Die Päpstin“ oder „Der Medicus“, die zum Teil in dem altehrwürdigen Gemäuer entstanden. Die Historie der Burg kommt dabei ebenfalls nicht zu kurz. „Mit einer Ausstellungsfläche von rund 150 Quadratmetern und dem gewählten Themenschwerpunkt sind wir in Mitteldeutschland bislang einzigartig“, sagt Kuratorin Anja Becker-Geipel, die hauptberuflich als Kostümbildnerin tätig ist und sich auf der Burg Querfurt ihr Atelier eingerichtet hat. „Zudem sprechen wir ein breites Publikum an: von Kulturreisenden, die sich Mitteldeutschland ansehen, bis hin zu Eltern mit ihren Kindern, die wegen der Exponate aus Märchenfilmen wie 'Die sechs Schwäne' oder 'Die kleine Meerjungfrau' zu uns kommen.“ Highlight der Ausstellung ist eine Silikonleiche aus dem „Medicus“. Durch diverse Fernsehbeiträge sind die Besucherzahlen zuletzt rasant angestiegen. „Jede Menge Leute wissen gar nicht, dass auf der Burg schon Filmdrehs stattgefunden haben und sind dann ganz überrascht. Vieles wird ja auch verfremdet oder umdekoriert, so dass man es auf der Leinwand nicht automatisch erkennt. Da können wir dann bei Führungen mit Erklärungen dienen“, sagt Becker-Geipel. Filmtouristische Angebote stecken für sie an vielen Orten in Mitteldeutschland noch in den Kinderschuhen. „Dabei lebt die Region von Touristen und hat großes Potenzial. Auch unsere Ausstellung soll ein Anstoß sein, Dinge ins Rollen zu bringen. Schließlich kann man durch hier gedrehte Filme viel von der Geschichte Mitteldeutschlands auf sehr plastische Weise vermitteln.“


Wie das konkret aussehen kann, macht das thüringische Rudolstadt vor, wo es einst den großen Dichter Friedrich Schiller hinzog. Regisseur Dominik Graf drehte dort 2012 Teile seines preisgekrönten Spielfilms „Die geliebten Schwestern“, der von der Liebe Schillers zu den Schwestern Charlotte und Caroline von Lengefeld erzählt. Eine thematische Stadtführung für Touristen verbindet den Besuch der historischen Originalschauplätze mit den Drehorten. „Der Film hat besonders nach seinem Kinostart im Sommer 2014 viele Gäste in die Stadt gebracht“, freut sich Sabine Christophersen, die Leiterin der Touristinformation. „Ins Landesmuseum Schloss Heidecksburg kamen im Vorjahr über 2.000 Besucher mehr als 2013, ins Schillerhaus sogar 2.500. Auch die Übernachtungszahlen sind spürbar gestiegen.“ Bereits seit 2009 wirbt Rudolstadt mit dem berühmten Literaten und seinen zwei jungen Damen. Der Slogan „Schillers heimliche Geliebte“ lässt dabei offen, ob es sich bei dieser Geliebten um eine der Schwestern oder vielleicht doch um die Stadt handelt. Sicher ist: Seit Grafs Film richten sich noch mehr Augen auf Rudolstadt. „Wir haben daher als Merchandise-Artikel eine Tragetasche aus Papier entwickelt, bei der auf der einen Seite das Filmmotiv und auf der anderen unser Logo mit den drei historischen Persönlichkeiten zu sehen ist. Sie kommt sehr gut an. Im Souvenir-Shop im Schillerhaus verkaufen wir zudem viele Exemplare des Films auf DVD und Blu-ray“, so Christophersen. „Etwas sehr Schönes ist mir widerfahren, als ich kürzlich privat mit Thai Air nach Südostasien geflogen bin. Während des Flugs wurde zu meiner Überraschung ‚Die geliebten Schwestern‘ gezeigt. Das ist beste Werbung für uns.“


Autor: Alexander Kolbe, erschienen im MDM Infomagazin Trailer 3-2015 am 15.09.2015