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Gundermann: Ein intensives und rastloses Leben

 

Im November und Dezember 2017 drehte Regisseur Andreas Dresen für seinen Film „Gundermann” über das Leben des legendären ostdeutschen Baggerfahrers und Liedermachers Gerhard Gundermann an Originalschauplätzen in der Region.

Der Tagebau Spreetal in der Oberlausitz war Gundermanns Nährboden – Land, Leute und Arbeit dienten der Inspiration und waren Impuls und Erdung zugleich. „Gundi brauchte die Kohle, den Dreck, er brauchte die echte Welt des Tagebaus für seine Poesie wie die Luft zum Atmen.” Dies merke man seinen Liedern auch an, meint Regisseur Andreas Dresen, der den Musiker Mitte der 1980er Jahre erstmals auf der Bühne erlebte. Inspirierend seien auch die zahlreichen Tonbandaufnahmen gewesen. Zeitdokumente, die belegen, dass Gundermann die Ideen für seine Songs auch während der Arbeit hatte: „Wenn man sich die Aufnahmen anhört – er hatte ja auf dem Bagger ein Diktiergerät, wo er Texte draufgesprochen oder Liedzeilen reingesungen hat – da hört man den Bagger deutlich im Hintergrund.” Denn eigentlich war Gundermann von Beruf Baggerfahrer in Hoyerswerda. Drehen konnte Andreas Dresen dort allerdings nicht mehr, weil sich der Ort von damals inzwischen komplett verändert hat.

Dennoch wurden ganz wesentliche Szenen der Verfilmung in Mitteldeutschland realisiert, erzählt Koproduzent Peter Hartwig von der kineo Filmproduktion. 18 der insgesamt 39 Drehtage fanden in der Region statt. Schwerpunkt der Dreharbeiten war der Tagebau Nochten-Boxberg, wo bei laufendem Betrieb in einer ganzen Drehwoche „ikonografische Bilder des Arbeitsortes von Gerhard Gundermann” eingefangen wurden. „Diese einmalige, auch martialisch anmutende Landschaft brennt sich ein, macht wehmütig und trägt dazu bei zu verstehen, warum Gundi hier gerne gearbeitet hat”, erinnert sich Hartwig. „Wir haben tatsächlich die Bagger aus dem Tagebau verwenden können und bauten sie im Schichtwechsel innerhalb einer Stunde für unsere Dreharbeiten von neu auf alt um. Den Rückbau mussten wir ebenfalls in einer Stunde bewältigen, so dass die neue Schicht pünktlich losgehen konnte”, berichtet Regisseur Andreas Dresen. Dabei musste der Bagger in seinem alten Aussehen auch weiterhin arbeitsfähig sein, so dass während der Dreharbeiten ein paar hundert Tonnen Kohle gefahren wurden. Die Zusammenarbeit mit der verantwortlichen Lausitz Energie Kraftwerke AG (LEAG) gestaltete sich außerordentlich erfreulich. „Man hat uns mit offenen Armen empfangen. Gundi ist dort immer noch eine Ikone, und gerade deswegen hat man uns unfassbar gut unterstützt”, erzählt Hartwig.

Der Film spielt in der Mitte der 1970er Jahre bis in die 1990er Jahre und erzählt das intensive und rastlose Leben des Musikers und Baggerfahrers in seiner ganzen Ambivalenz: Gundermann, der fast 20 Jahre im Dreischichtsystem im Braunkohletagebau arbeitete und abends nach der Schicht auf die Bühne stieg, für seine Konzerte hunderte Kilometer zurücklegte, inoffizieller Mitarbeiter der Stasi war und gleichzeitig die DDR kritisierte. Nach der Wende wurde er mit seinen Liedern zur musikalischen Stimme einer ganzen Generation. „Sein Leben ist prall und voller Widersprüche und gerade deshalb so erzählenswert. Denn es lässt keine einfachen Antworten zu”, zeigt sich Regisseur Andreas Dresen begeistert. Dennoch wolle man kein klassisches Biopic erzählen: „Es ist ja nicht nur ein Film über Gundermann, sondern auch eine thematische Auseinandersetzung mit der Art, wie die Leute im Osten gelebt haben. Die Leute, die wirklich an die Sache geglaubt haben, so wie er.”

Zehn Jahre hat die Entwicklung des Projektes gedauert. Das Drehbuch schrieb Laila Stieler in enger Abstimmung mit der Witwe von Gerhard Gundermann. Koproduzent Peter Hartwig war von Anfang an in die Entwicklung involviert. In die Produktion stieg dann auch die Pandora Filmproduktion aus Köln ein. Produzentin Claudia Steffen erinnert sich: „Durch die erfolgreiche Zusammenarbeit des Pandora Verleihs bei den letzten Dresen-Spielfilmen ‚Halt auf freier Strecke‘ und ‚Als wir träumten‘ lag eine Kooperation geradezu auf der Hand. Als einer der wenigen Regisseure seiner Generation ist Andreas Dresen in der Lage, Geschichten mit starker eigener Handschrift, Milieu-Verwurzelung und gleichzeitig ans Publikum gewandt umzusetzen.”

Eine wesentliche Rolle im Film spielt die Musik. Gemeinsam mit Hauptdarsteller Alexander Scheer wurden bereits vor Drehbeginn 19 Gundermann Songs für den Soundtrack neu aufgenommen. Zur Band gehörten auch zwei Musiker der von Gundermann nach der Wende gegründeten Tourband „Seilschaft”. Zahlreiche Konzertszenen sind somit weitere zentrale Elemente des Filmes. Einige von ihnen konnten auch in Mitteldeutschland gefilmt werden. So wurde in Ferropolis das erste Konzert der „Seilschaft” mit 50 Komparsen und im Schauspielhaus Leipzig ein Konzert mit Bob Dylan gedreht, in dessen Vorprogramm Gundermann in den 1990ern gespielt hat.
Weitere Motive fand man in der Region Dessau-Roßlau und in Halle (Saale). „Hier haben wir zahlreiche historisch-anmutende Orte in die Aura der 1970er und 1990er Jahre zurückversetzt”, freut sich Produzent Peter Hartwig und betont, dass gerade die unverwechselbare „Architektur” der Neubauten auf der Silberhöhe in Halle (Saale) dem Team wichtige Innen- und Außenmotive für die Dreharbeiten liefern konnten.

Facts:
Drehbuch: Laila Stieler
Regie: Andreas Dresen
Cast; Alexander Scheer, Anna Unterberger, Axel Prahl, Thorsten Merten, Bjarne Mädel, Milan Peschel, Kathrin Angerer
Produktion: Pandora Film Produktion in Koproduktion mit Kineo Filmproduktion; RBB und Arte
Förderung: MDM, Film- und Medienstiftung NRW, Medienboard Berlin-Brandenburg, BKM, FFA
Verleih: Pandora
Kinostart: 23. August 2018

Text: Ivonne Köhler
Foto: Alexander Scheer, Anna Unterberger und Andreas Dresen bei den Dreharbeiten in Halle (Saale), ©Peter Hartwig / Pandora Film

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