mdm - Mitteldeutsche Medienförderung

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Leipzig, 25. Februar 2022

MDM und mitteldeutsche Filmproduzent*innen zum Krieg in der Ukraine

Der russische Einmarsch in der Ukraine hat auch bei der Mitteldeutschen Medienförderung Fassungslosigkeit ausgelöst.

Seit ihrer Gründung 1998 hat die MDM immer wieder Projekte unterstützt, die als Koproduktionen mit der Ukraine entstanden, von ukrainischen Filmemachern realisiert oder zum Teil in der Ukraine gedreht wurden. Neben den Werken von Sergei Loznitsa (darunter „Die Sanfte” sowie die in Cannes ausgezeichneten „Im Nebel” und „Donbass”) zählen dazu beispielsweise Filme von Roman Bondarchuk („Volcano”, „The Editorial Office”), Ilya Khrzhanovskiy („DAU. Natasha”) und Vitaly Mansky („Close Relations”).

MDM-Geschäftsführer Claas Danielsen:
„Erschüttert und tief betroffen verfolgen wir den Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine. Die Mitteldeutsche Medienförderung hat eine lange Tradition in der Förderung von internationalen Koproduktionen mit Partnern in Mittel- und Osteuropa. Darunter befinden sich hervorragende ukrainische Filme, die die eigene Geschichte und die Transformationsprozesse seit dem Zerfall der Sowjetunion auf erzählerisch tief bewegende und filmisch aufregende Weise künstlerisch verarbeitet und einem internationalen Publikum nahegebracht haben. Wir rufen die Kriegsparteien und alle internationalen Kräfte dazu auf, ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen herbeizuführen, die staatliche Souveränität zu achten, die Voraussetzungen für einen andauernden Frieden auf dem Verhandlungsweg zu schaffen und die Freiheit der Menschen, der Information und Meinungsäußerung sowie des künstlerischen Ausdrucks zu garantieren. Unsere Gedanken sind bei allen Menschen in der Ukraine, aber auch in Russland, auf dass die Kraft des Friedens und der gegenseitigen Achtung obsiegt.”

Auch namhafte Filmproduzent*innen aus Mitteldeutschland reagieren bestürzt auf die aktuellen Entwicklungen.

Heino Deckert (Ma.ja.de. Fiction, Leipzig), Produzent u.a. mehrerer Filme von Sergei Loznitsa:

„Die Vorstellung, dass Freunde und Kollegen von mir jetzt mit einer Waffe in der Hand in Kiew stehen, um ihre Stadt zu verteidigen, oder sich in U-Bahn-Schächten drängeln, um sich vor Luftangriffen zu schützen, ist für mich unannehmbar und eigentlich auch unvorstellbar. Ich habe einen Krieg in Europa nicht mehr für möglich gehalten. Ich hoffe, die westliche Welt trifft die richtigen und ausreichenden Maßnahmen, um dieses Elend zu stoppen. Mein Mitgefühl gilt nicht nur meinen ukrainischen Freunden, sondern auch denen in Russland, die sich für das Handeln ihrer Regierung schämen. Ich hoffe, sie werden aktiv. Wir haben mit Sergei Loznitsas „Donbass” 2018 einen Film gedreht, der den Zustand in der Ostukraine beschrieb: Propaganda, Manipulation, Ohnmacht und Sittenlosigkeit in einem Gebiet, in dem es keine legitime Macht mehr gab, sondern nur die Macht des Stärkeren. Mit Oleg Sentsov haben wir vor kurzem „Rhino” fertiggestellt, nachdem er fünf Jahre in russischen Lagern verbringen musste. Ich hoffe, sie überleben das alles – auch weil ich weiß, dass sie ihr Land nicht kampflos übergeben werden.”

Tanja Georgieva-Waldhauer (Elemag Pictures, Gera), aktuelle Koproduktion „The Editorial Office” von Roman Bondarchuk:


„Seit Mittwochabend, als Russland den Luftraum über der Ostukraine gesperrt hat und im Grunde klar wurde, was passieren wird, fühle ich mich wie in einem Strudel voller Trauer, Angst und Wut. Es gibt in meinen Augen nichts, was diesen Akt der rohen Brutalität rechtfertigt. Ich kann es nicht fassen, dass Krieg im 21. Jahrhundert noch immer als ernsthafte Option herangezogen wird. Ich arbeite schon seit 2012 mit Roman Bondarchuk und seinem Team zusammen, gerade befinden wir uns inmitten unserer dritten gemeinsamen Koproduktion. Es zerreißt mir buchstäblich das Herz, wenn ich die aktuellen Bilder sehe. Glücklicherweise sind Roman selbst und auch ein Großteil des Teams zumindest halbwegs in Sicherheit. Wir sind im steten Austausch, und ich bin sehr froh, dass auch alle anderen deutschen Kollegen, die an dem Film mitarbeiten, jederzeit bereitstehen, um zu helfen, falls es nötig sein sollte.”

Gunnar Dedio (LOOKSfilm, Leipzig), produziert derzeit u.a. den dokumentarischen Mehrteiler „Tschernobyl”:

„Für LOOKSfilm ist die Ukraine seit dem vergangenen Jahr zu einem unserer Produktionsschwerpunkte geworden, sowohl aus der Perspektive Stoffe mit Themen wie Tschernobyl, Zwangsarbeit oder dem amtierenden Präsidenten Selenskyj, aber auch als Koproduktionspartner und als Land mit zahlreichen engagierten Kolleg:innen. Unser Archiv-Team von PROGRESS hat unglaubliche Schätze an ungesehenem Archivmaterial in der Ukraine gefunden und restauriert, die das filmische Gedächtnis des 20. Jahrhunderts um eine neue Perspektive bereichern. Gestern bekam ich von unserem Kollegen diese E-Mail: Dear Gunnar. Unfortunately, I won't be able to zoom tomorrow. Russian and Belarusian armies bomb Kiev. I am in Kiev. I don't know yet what the situation will be. Best regards,  R. Unsere Filme und Serien beleuchten die verschiedensten Konflikte des 20. Jahrhunderts, auch um zu lernen und uns für immer vor Krieg zu schützen. Nie hätte ich gedacht, jemals so eine Nachricht bekommen zu müssen.”