Ein Hauch von Eurovision Song Contest – EFA Young Audience Award

Am 8. Mai vergab die European Film Academy in Erfurt zum inzwischen fünften Mal den EFA Young Audience Award. Der Preis, über den Jugendjurys aus 25 Nationen im Rahmen des Young Audience Film Day entschieden, leistet einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des europäischen Kinder- und Jugendfilms.
Was 2012 als Testveranstaltung in sechs Staaten begann, hat sich längst zu einem flächendeckenden Event entwickelt. 25 Länder versammelte der EFA Young Audience Award, der von der European Film Academy mit Unterstützung der Mitteldeutschen Medienförderung (MDM) in Erfurt vergeben wird, in diesem Jahr – ein neuer Rekord. Neben Nationen wie Deutschland, den Niederlanden und Serbien, die von Anfang an dabei waren, beteiligten sich am Young Audience Film Day erstmals auch Portugal (Lissabon), Österreich (Wien) und Luxemburg (Luxemburg).
„Der Rekord ist ein schönes Geschenk zum Jubiläum. Es war immer unser Traum, möglichst viele Länder in Europa einzubinden und so ein möglichst großes junges Publikum zu erreichen. Das Konzept, an einem Tag dieselben drei Filme in verschiedenen Ländern zu zeigen und dann wie beim Eurovision Song Contest über sie abstimmen zu lassen, um den Gewinner zu ermitteln, geht voll auf”, sagt EFA-Geschäftsführerin Marion Döring.
Deutschland war 2016 wie Spanien mit gleich zwei Städten vertreten. Außer in Erfurt gastierte der Young Audience Film Day in Berlin. „Um der Situation in Europa Rechnung zu tragen und einen Beitrag zur Integration zu leisten, wollten wir Willkommensklassen mit Flüchtlingskindern einbeziehen. Also haben wir sie zu Vorführungen in die Akademie der Künste eingeladen.”
Doch nicht nur die Zahl der teilnehmenden Städte und Länder, auch die Zahl der eingereichten Filme ist stetig gestiegen. 50 Titel waren es in diesem Jahr. Eingereicht werden konnten Filme für Jugendliche zwischen zwölf und 14 Jahren, die nach dem 1. März 2015 ins Kino gekommen sind. Ein fünfköpfiges Komitee wählte aus ihnen die drei Preiskandidaten „Girls Lost – Pojkarna” von Alexandra-Therese Keining (Schweden), „Nie zufrieden – Jamais Contente” von Emilie Deleuze (Frankreich) sowie „Rauf” von Bariş Kaya und Soner Caner (Türkei) aus. Direkt nach Sichtung der Filme kürten in allen 28 Städten Jurys mit Mädchen und Jungen im Alter von zwölf bis 14 Jahren ihren Favoriten. Die Jurysprecher übermittelten die nationalen Ergebnisse per Videokonferenz live nach Erfurt, wo traditionell der Sieger ermittelt und als finaler Höhepunkt der Award an Emilie Deleuze überreicht wurde.
„Durch den Preis wird für die anwesenden jungen Menschen Europa wirklich spürbar. Das ist ein schöner Nebeneffekt”, findet Margret Albers von der Deutschen Kindermedienstiftung GOLDENER SPATZ. Diese ist alljährlich für die Gestaltung des Young Audience Film Day in Erfurt zuständig, die abschließende Preisverleihung organisiert die European Film Academy.
„Die Zusammenarbeit mit der Kindermedienstiftung haben wir von Anfang an sehr geschätzt, weil sie im Gegensatz zu uns durch das Deutsche Kinder-Medien-Festival GOLDENER SPATZ eine immense Erfahrung in dem Bereich hat. Es ist wichtig, Partner zu haben, die genau wissen, wie man ein junges Publikum anspricht und so einen Tag gestaltet”, meint Döring. Auch Erfurt als zentraler Austragungsort hat sich „wunderbar bewährt. Fast alle Nominierten haben bislang den Weg dorthin gefunden.”
In der thüringischen Landeshauptstadt nahm der Young Audience Award 2009 seinen Ausgang. Damals veranstaltete die Initiative KIDS Regio, die sich unter Leitung der Deutschen Kindermedienstiftung GOLDENER SPATZ auf europäischer Ebene für eine Stärkung des Kinderfilms einsetzt, das erste KIDS Regio Forum. Als Resultat der Konferenz wurde die Erfurt Declaration verabschiedet. „Eine ihrer wesentlichen Forderungen war ein europäischer Kinderfilmpreis”, erläutert Margret Albers. „Erfreulicherweise hat sich die European Film Academy dazu bereit erklärt. Wir als Stiftung waren dann in die Entwicklung des Konzepts involviert, weil wir uns sehr gut mit Kinderjurys auskennen.”
Die Zielgruppe selbst entscheiden zu lassen und nicht Mitglieder der Academy sei ein lobenswerter Weg, findet Albers. Auch Marion Döring sieht darin einen wichtigen Vorteil: „Viele der jungen Jurymitglieder haben vorher vor allem amerikanische Blockbuster geschaut. Durch den Award entdecken sie, dass auch in Europa tolle Filme entstehen und gehen danach anders an das Angebot in den Kinos heran. Einige der gezeigten Filme haben durch die Nominierung in manchen Ländern noch einen Verleih gefunden. Trotzdem ist es wünschenswert, dass noch mehr Titel auch über den Young Audience Film Day hinaus ein Publikum erreichen.”
Die Auswertungschancen erhöhen sich nicht zuletzt durch die steigende Anzahl an teilnehmenden Nationen. Inzwischen gibt es nur noch wenige weiße Flecken auf der europäischen Landkarte. „Ich bin optimistisch, dass wir die restlichen Staaten auch noch ins Boot holen”, sagt Döring. „Mittelfristig soll der Young Audience Film Day zu einer richtigen Institution in Europa werden.”
Autor: Alexander Kolbe, erschienen im MDM Infomagazin Trailer 2-2016.
Foto: Deutsche Kindermedienstiftung GOLDENER SPATZ