mdm - Mitteldeutsche Medienförderung

Humor als Überlebenselixier - „Auf Wiedersehen Deutschland”

 

Schon seine Filme „Irina Palm (2007) und „Vertraute Fremde (2009) inszenierte Sam Garbarski teilweise in Mitteldeutschland. Nun kehrt der belgische Regisseur in die Region zurück: In gleich vier Städten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen dreht er bis zum 14. Mai Szenen der Komödie „Auf Wiedersehen Deutschland (AT) mit Moritz Bleibtreu und Antje Traue in den Hauptrollen.

Für Sam Garbarski bedeutet das Projekt gleich in zweifacher Hinsicht eine Premiere: Es ist sein erster historischer Stoff und seine erste Romanadaption. „Auf Wiedersehen Deutschland” basiert auf dem 2010 veröffentlichten Buch „Die Teilacher” von Michel Bergmann sowie – in geringem Maße – auf dessen 2011 erschienener Fortsetzung „Machloikes”. Die an Bergmanns Familiengeschichte angelehnte Handlung spielt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, im Frankfurt am Main des Jahres 1946: Dort haust der Jude David Bermann (Moritz Bleibtreu) wie viele andere Überlebende des Holocaust in einem Auffanglager, doch sein großer Traum heißt Amerika. Um die weite Reise bezahlen zu können, beginnt er mit seinen Freunden Fajnbrot (Anatole Taubmann), Verständig (Hans Löw), Krautberg (Vaclav Jakoubek), Szoros (Pal Macsai) und Holzmann (Mark Ivanir) sowie jeder Menge ausgebuffter Tricks Weißwäsche an die Deutschen zu verkaufen. Doch dann gerät Bermann überraschend ins Visier der US-Majorin Sarah Simon (Antje Traue), einer so schönen wie unerbittlichen Nazijägerin. „Ich habe Michels Roman in einem Rutsch durchgelesen. So etwas war mir lange nicht mehr passiert”, sagt Sam Garbarski, der wie Bergmann Sohn jüdischer Eltern ist. Geboren wurde er 1948 in Planegg bei München. „Fast 500.000 Juden aus ganz Europa sind 1945 und 1946 durch Deutschland gezogen. Die meisten wollten nach Palästina oder in die USA. Doch, so unglaublich das klingen mag, einige von ihnen sind dann in Deutschland geblieben, um sich ein neues Leben aufzubauen, darunter auch meine Eltern”, fährt Garbarski fort.

Rasch fasste der Regisseur den Entschluss, den Stoff auf die Kinoleinwand zu bringen. Zusammen mit Michel Bergmann, der als Autor zuvor am Kinoerfolg „Otto – Der Katastrofenfilm” sowie an Fernsehserien wie „Soko” und „Hagedorns Tochter” mitgewirkt hatte, verfasste er das Drehbuch. Produziert wird „Auf Wiedersehen Deutschland” von Garbarskis bewährten Partnern Samsa Film (Luxemburg) und Entre Chien et Loup (Belgien) sowie der in Berlin angesiedelten In Good Company GmbH. Auf TV-Seite sind die belgischen Sender RTBF und BeTV sowie das ZDF beteiligt.

„Ich mag an dem Stoff ganz besonders, dass er in hinreißender Weise zeigt, wie man auch unter desolaten Umständen etwas aus seiner Situation machen kann und sich den Humor als Überlebenswerkzeug bewahrt. Das Drehbuch verfügt trotz tragischer Untertöne über viel Situationskomik und einen überraschenden Witz in den Dialogen”, findet In Good Company-Geschäftsführerin Roshanak Behesht Nedjad.

Beginnen sollten die Dreharbeiten ursprünglich schon im September. Doch dann zog sich Garbarski einen Tag vor Drehbeginn auf dem Weg zum Set nach Luxemburg eine Verletzung am Fuß zu, die ihn längere Zeit außer Gefecht setzte. „Wir hatten dort bereits auf dem Gelände eines alten Schiefermuseums nahe der belgischen Grenze Fassaden umgestaltet und ein komplettes Außencamp gebaut, eine Kombination aus dem Auffanglager und einem Konzentrationslager, wo mehrere Rückblenden spielen. Das mussten wir dann ab- und jetzt wieder aufbauen lassen”, sagt Nedjad. Am 31. März fiel in Luxemburg schließlich die erste Klappe für das Projekt. Anfang Mai reisten Cast und Crew für insgesamt zehn Tage nach Mitteldeutschland. Mit Weißenfels (Sachsen-Anhalt), Görlitz (Sachsen) sowie Gera und Saalfeld (beide Thüringen) kommen bis zum 14. Mai Städte aus allen drei Bundesländern als Drehorte zum Einsatz. Unter anderem werden in der Region diverse Szenen gefilmt, in denen Bermann und seine Freunde mit einem alten Auto umherfahren, um Wäsche zu verkaufen. Auf einem Friedhof in Gera inszeniert Garbarski die Beerdigung von Krautberg. In Görlitz, das den Regisseur mit seiner historischen Altstadt überzeugte, macht das Team auch im leer stehenden Jugendstil-Kaufhaus Station, das schon Wes Anderson für seinen Oscar-prämierten „Grand Budapest Hotel” anlockte. Zu Ende geht der Dreh in Weißenfels. „Dort entsteht eine sehr wichtige, anrührende Szene – eine Rückblende, die schildert, wie Holzmann im KZ vor seinen Augen Frau und Kinder verloren hat”, verrät Nedjad.

Die Fertigstellung des Films ist für Ende des Jahres geplant. 2017 wird „Auf Wiedersehen Deutschland” über den X Verleih im Kino anlaufen. „Es ist gleichermaßen ein historischer Ensemblefilm, eine schöne Liebesgeschichte und eine bewegende Komödie”, resümiert Sam Garbarski. Gefördert wurde die Produktion von der Mitteldeutschen Medienförderung, dem Medienboard Berlin-Brandenburg, der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, der Filmförderungsanstalt (FFA), dem Deutschen Filmförderfonds (DFFF), dem Filmfund Luxemburg, Bruxellimage und Eurimages.

Text: Alexander Kolbe
Foto: In Good Company

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